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Es geht um die Balance.

Immer wieder werde ich gefragt, wie man denn nun ein Bild optimal aufteilen soll… “Ich hab gelesen, man soll die Drittelregel anwenden!?” Stimmt das auch, oder geht es eigentlich um etwas ganz anderes?

Zuerst muss man wohl die Drittelregel erklären, damit wir über dasselbe reden. Man teilt also die Bildfläche in 6 Drittel. 3 waagerecht und 3 senkrecht:

Drittel-Teilung

Als “stärkste” Bildstellen mit der höchsten Aufmerksamkeit gelten die Schnittstellen der gedachten Teilungen. Ein Bild, das in diese Drittelregel passen würde, seht ihr hier. Der Baum und die Sonne stehen schick im rechten Drittel des Bildes, die obere wolkenkante passt sogar dazu und nur der Horizont fällt ein bisschen aus der Rolle. Ich denke nicht, dass die Qualität des Fotos in der Drittelaufteilung begründet ist, sondern hauptsächlich durch die tollen Lichteffekte, die die Sonnenstrahlen an den Wolken verursachen. Dabei habe ich die Perspektive so gewählt, dass der Baum vor der Sonne stand und das Motiv war gut so.

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Doch wie mit allen Regeln ist das so eine Sache. Sicherlich kann man festhalten, dass es oft spannender ist, Dinge aus der Mitte herauszurücken, wenn die Symmetrie kein Gestaltungsmittel sein soll, wie beim nächsten Bild:

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Man kommt aber nicht umhin, sich bei jedem Motiv darüber Gedanken zu machen, wie der optimale Bildaufbau aussieht im Hinblick auf den Zweck, den man verfolgt. Bei dem Bild von der Konzertmuschel auf Rügen, führen die Linien zum Motiv hin und die exakte Symmetrie der Architektur passt entsprechend dazu. Spannung kommt in diesem Foto durch den tollen Schatten im Vordergrund auf, der wie eine Drachenschwinge das Bild zum Leben erweckt.

Hier noch ein Beispiel, wo die Drittelregel zum Teufel gegangen ist und es ist trotzdem ein gutes Foto. Der Hund sitzt nicht im Drittel, der Horizont ist nicht im Drittel, der Weg ist nicht im Drittel… Das Bild lebt allerdings nicht von seiner Aufteilung in Hälften und Dritteln, sondern von den starken Linien und der Geschichte, die es erzählt. Der Hund, der in die Ferne schweift und die Linien des Weges, die in den Blick fangen und ebenfalls in die Ferne ziehen: Was mag da kommen, hat der Hund was entdeckt?

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Starke Linien erzeugen Spannung im Bild. So wird der Betrachter ins Bild hineingezogen und der Blick schweift entlang den Linien durch das Bild – es wird nicht langweilig. Der Betrachter schaut sich das Bild länger an. So wie in diesem Bild, wo der Weg sich im Unendlichen mit dem Horizont trifft. Die Ausrichtung der Bank verstärkt den Effekt noch einmal. Obwohl sich in diesem Bild nichts bewegt, empfindet man es als dynamisch. Die Macht der Linien ist stark! Macht sie euch zu nutze!

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Es geht um Geschichten, Balance und Fragen.

Was macht also ein gutes Foto aus? Ich bin sicher viel wichtiger als eine Regel, ist die Geschichte, die das Bild erzählt. Es ist gut, wenn der Betrachter Fragen stellt: “Was passiert da?”, “Warum ist das so?”, “Wie geht die Geschichte weiter?” usw.

Das folgende Bild ist ein einfaches Beispiel: “Der Mann (ich 🙂 ) schaut in die Ferne und gibt dem Bild Leben und man könnte sich fragen: “Was beobachtet er?”, “Kommt das schlechte Wetter am Horizont oder ist es vorbei?”, “Wohin fahren die Schiffe?”

Die Bildaufteilung ist bewusst so gewählt, dass der Mann klein unten in der Ecke steht. Das verdeutlicht das Gefühl der Weite in der Landschaft und das was vor ihm liegt wird beudeutungsvoller.

Balance vs. Disbalance

Die Balance in einem Bild ist extrem wichtig. Was heißt Balance? Das Bild sollte in sich stimmig und “stabil” sein. In dem Beispiel unten habe ich ein Bild unbalanciert fotografiert und dann durch den richtigen Ausschnitt die Balance hergestellt.

Das linke Bild wirkt rechts unruhig durch die beiden Pfähle, die in der Sonne stehen. Sie bringen dem Bild keinen Mehrwert. Daher habe ich sie weggeschnitten und so konzentriert sich der Blick auf das Fischerboot, das von den beiden Pollern eingerahmt wird. Die Sonne bringt einen schönen Glow von rechts, ist aber nicht mehr so dominant und aufrdinglich.

Die vier Elemente Poller, Boot und Ente bilden ein Spannungstrapez. Obwohl das Trapez nicht in der Mitte des Bildes ist, wirkt es ausbalanciert. Das liegt zum einen daran, dass die rechte Seite heller ist, was mehr Aufmerksamkeit bringt und zum anderen ist der rechte Poller so “schwer”, dass er ein Gegengewicht zum Rest des Bildes schafft.

Mein Fazit

Jede Regel behindert erstmal die freie Entfaltung der Kreativität! Wenn man anfangs gar keine Idee hat, wie man ein Bild aufteilen soll, dann ist irgendeine Regel sicher ein guter Anhaltspunkt, doch bitte versucht bewusst auch davon abzuweichen! Linien sind viel stärker für die Qualität des Bildes als eine Aufteilung in Drittel.

Wie seht ihr das? Ich freue mich über eure Kommentare.

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